Übungsszenario am ersten Wochenende (30./31.08) war eine hybride Bedrohungslage mit Sabotageakten und Angriffen auf kritische Infrastruktur, verschärft durch Starkregenereignisse und überlastete Böden. Ziel der Übung war es, die Fähigkeiten des THW im Zivilschutz sichtbar zu machen und die Zusammenarbeit der Einheiten zu trainieren. Angesichts der aktuellen politischen Lage will das THW in den nächsten Jahren seine Zivilschutzfähigkeit gezielt stärken.
Für dieses erste Wochenende der FÜLEX25 (FähigkeitsÜbergreifende Landesverbands-Übung) standen die Bergungsgruppen mit Abstützsystem Holz (ASH) vor folgendem Übungsszenario: Ein Gebäude ist nach dem Unwetter einsturzgefährdet und muss durch die Einsatzkräfte des THW fachgerecht abgestützt werden. Dazu wurde das ASH eingesetzt, um die Wände an drei Seiten des Gebäudes zu stabilisieren. Die Konstruktion aus schweren Holzbalken, sogenannte Strebstützen, wurden durch die beteiligten Ortsverbände Hückelhoven, Hürtgenwald, Paderborn, Bielefeld, Mülheim an der Ruhr, Wermelskirchen, Emmerich und Kamen-Bergkamen mit schwerem Gerät und Muskelkraft in die richtige Position gebracht. Die Bauteile wurden zum Teil vor Ort direkt zurecht gesägt und angepasst. Organisiert wurde dieses Übungsszenario maßgeblich durch den Ortsverband Hückelhoven, in dem die Einsatzkräfte zudem untergebracht waren.
Der Trupp Einsatzstellensicherung des OV Paderborn unterstützte die Arbeiten in diesem Szenario, das wie folgt lautete: Mehrere Gebäude sind nach dem Unwetter einsturzgefährdet und müssen durch die Einsatzkräfte des THW fachgerecht abgestützt werden. Zur Sicherung der eingesetzten Kräfte werden die Gebäude durch den Trupp ESS überwacht. Für diese Aufgabe wurden an den betroffenen Gebäuden mehrere Prismen installiert, die permanent mittels eines Tachymeters vermessen werden. Durch das ständige Vermessen und Abgleichen der Messwerte werden Bewegungen in der Gebäudestruktur schnell erkannt, sodass die Einsatzkräfte vor einem möglichen Einsturz rechtzeitig gewarnt werden können.
Eine weitere Aufgabe bestand in der Vermessung beschädigter Versorgungsleitungen anhand von Karten und Dokumentationen der Versorgungsbetriebe. Die eingesetzten Trupps mussten die unterschiedlichen Versorgungsleitungen (Gas und Trinkwasser) unterschiedlich kennzeichnen. Hierzu wurde wieder das Tachymeter eingesetzt, das auch bei Landvermessern zum Einsatz kommt.
Beschädigungen an Gebäudestrukturen können auf vielfältige Ursachen entstehen, so zum Beispiel durch Unwetter, Explosionen oder Brände. Durch den Einsatz des Trupp ESS wird die Sicherheit der eingesetzten Einsatzkräfte enorm erhöht. Der Trupp ist somit ein wichtiger Baustein im Gefüge des Zivilschutzes.
An diesem Wochenende der FÜLEX wurden auch mehrere Zugtrupps eingesetzt, um spezielle Fachgruppen des THW zu koordinieren. Während die Zugtrupps im Normalfall die gemischten Technischen Züge des THW führen und koordinieren, kümmerten sie sich nun um eine größere Anzahl der stets gleichen Fachgruppe. So wurden mehrere Ortungsgruppen mit ihren Rettungshunden und technischem Ortungsgerät gezielt eingesetzt. Für die Zugtrupps galt es, aus den unterschiedlichen Informationen, Lagerberichten und Zielsetzungen ein Gesamtbild zu erstellen und optimale Einsatzaufträge zu erstellen.
Weitere Aufgaben für die Zugtrupps war die Koordinierung von Einheiten mit Abstütz- und Überwachungssystemen, die gemeinsam beschädigte Häuser abstützten und eine Brücke bauten. Ferner führten sie die Fachgruppen Infrastruktur, welche die Einsatzkräfte der Übung mit Strom und Wasser versorgten.
Beteiligt waren die Ztr der OV Paderborn, Remscheid, Wetter, Herten, Hückelhoven, Emmerich und Coesfeld.
Die Fachgruppen Elektroversorgung, Räumen und Wasserschaden/Pumpen standen vom 5. bis 7. September 2025 im Mittelpunkt.
Während der Übung bewältigten die 20 Fachgruppen Elektroversorgung verschiedene Szenarien in Aachen, Bornheim und bei Mönchengladbach. Sie üben, kritische Infrastrukturen zuverlässig mit Energie zu versorgen und die Einsatzbereitschaft anderer Einheiten dauerhaft sicherzustellen. Hierfür setzen sie 15 mobile Netzersatzanlagen mit einer Gesamtleistung von 2.850 kVA ein – genug für hunderte Einfamilienhäuser oder drei kleinere Krankenhäuser. Ein besonderes Highlight war am Sonntag ein Wettkampf, bei dem fachgruppenspezifische Aufgaben gelöst werden mussten.
Von den rund 900 Einsatzkräfte an diesem Wochenende waren alleine 130 aus den Fachgruppen Elektroversorgung. Teilgenommen haben die Ortsverbände: Köln Nord-West, Leverkusen, Nettetal, Grevenbroich, Oberhausen, Arnsberg, Castrop-Rauxel, Siegen, Düsseldorf, Aachen, Bad Berleburg, Beuel, Geldern, Mönchengladbach, Halle, Gelsenkirchen, Oelde, Paderborn, Wanne-Eickel und Warendorf.
Die Fachgruppen Räumen beseitigten Trümmer, schafften Zugänge und legten Wege an. Sie setzten hierfür Radlader, Bagger und Teleskoplader ein. Bei der Übung bewältigten die 20 Einheiten verschiedene Szenarien an verschiedenen Orten im Raum Mönchengladbach. Sie schaffen mit ihren Baumaschinen Hindernisse zur Seite, um Straßen wieder befahrbar zu machen. Die Fachgruppen Räumen betrieben Anlagen zum Befüllen von Sandsäcken und Big Bags, die bei Starkregen oder Hochwasser zur Sicherung von Deichen, Dämmen und Gebäuden genutzt werden können. Sie übernehmen zudem deren Transport an die Einsatzstellen. Im Zusammenspiel von Baumaschinen und LKW-Kippern bewegten sie Tonnen von Schüttgut.
Beteiligt waren die Ortsverbände: Bergisch Gladbach, Bielefeld, Bünde, Detmold, Dortmund, Dülmen, Essen, Herzogenrath, Köln-Ost, Lünen, Meschede, Mülheim an der Ruhr, Münster, Neuss, Olpe, Paderborn, Rheine, Schwelm, Siegburg und Viersen.
In Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Duisburg wirkten THW-Kräfte der Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen (WP) in der Hochwasserübung „Flash Flood Breaker“ mit.
Insgesamt verlegten die Einsatzkräfte rund 3,3 km Schlauchstrecken und förderten mit ihren Pumpen bis zu 45.000 l/min, unter anderem in mehrere mobile 24.000 l-Becken.
Neben den FGr WP, die durch Zugtrupps geführt wurden, übten auch der Fachzug Logistik mit zwei Fachgruppen Materialwirtschaft reale Szenarien. Fahrzeuge mussten eingeschleppt und repariert, Pumpenteile ausgetauscht werden.
Als Grundlage für die Übung bildeten der Ortsverband Duisburg sowie eine Fachgruppe Verpflegung einen Bereitstellungsraum zur Unterbringung der THW-Kräfte über das gesamte Wochenende. Ein Fachzug Führung / Kommunikation unterstützte die Übungsleitung bei der Durchführung des fiktiven Einsatzes.
Ein großer Dank geht an die Emschergenossenschaft sowie die ThyssenKrupp Steel Europe AG (TKSE) für die Nutzung der Gelände sowie an die Werkfeuerwehr TKSE und die Feuerwehr Duisburg für die sehr gute Zusammenarbeit. „Im Einsatzfall ist es wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann – das hat die Übung in Duisburg einmal mehr gezeigt. Als THW sind wir froh, dass wir viele externe Partner haben, mit denen wir nicht nur im Einsatz kooperieren können.“, fasst Alexander Heynen aus der Übungsleitung zusammen.
Insgesamt haben rund 900 Einsatzkräfte an diesem Wochenende, darunter alleine 330 in Duisburg, für den Ernstfall geübt. Teilgenommen haben die Ortsverbände Arnsberg, Bergisch Gladbach, Bergneustadt, Bonn, Bottrop, Detmold, Duisburg, Dülmen, Düsseldorf, Erkelenz, Essen, Gütersloh, Hagen, Halver, Heiligenhaus/ Wülfrath, Herne, Iserlohn, Köln-Porz, Krefeld, Lengerich, Mülheim, Oberhausen, Paderborn, Ratingen, Rheine, Siegburg, Simmerath, Solingen, Übach-Palenberg, Werne und Velbert.
Im Mittelpunkt der Übungswochenenden vom 12.-14. sowie vom 19.-21. September standen die Technischen Züge (TZ). Dazu gehören:
- Zugtrupp (ZTr) – die mobile Führungseinheit eines Technischen Zuges. Sie richtet eine Führungsstelle ein, erkundet Einsatzstellen, dokumentiert das Geschehen und hält die Verbindung zur Einsatzleitung, ferner koordiniert der Zugtrupp die Arbeit aller unterstellten Gruppen.
- Bergungsgruppe (B) – die Basiseinheit des THW. Sie übernimmt ein breites Spektrum technischer Hilfeleistungen, darunter die Rettung von Menschen und Tieren, das Bewegen von Lasten, das Räumen von Trümmern sowie Abstütz- und Aussteifarbeiten. Mit ihrer universellen Ausstattung sind Bergungsgruppen in fast jeder Einsatzlage flexibel einsetzbar.
- Fachgruppe Schwere Bergung (FGr SB) – sie ergänzt die Bergungsgruppe bei besonders komplexen und schweren Schadenslagen. Mit spezieller Ausrüstung wie Betonkettensäge, Kernbohrgerät oder hydraulischen Hebewerkzeugen kann die Fachgruppe Schwere Bergung verschüttete Personen befreien, massive Hindernisse durchbrechen und tonnenschwere Lasten bewegen.
- Fachgruppe Notversorgung/Notinstandsetzung (FGr N) – sie schafft die notwendige Infrastruktur im Einsatz und stellt die kurzfristige Versorgung der Einsatzkräfte sicher. Ihre Aufgaben reichen von Strom- und Lichtversorgung über Transport- und Materiallogistik bis zum Aufbau von Unterkünften oder der Instandsetzung kritischer Infrastruktur.
Die Einheiten wurden bewusst zusammengelost und mussten mit Ortsverbänden zusammenarbeiten, die sie bisher nicht kannten. Dieses Vorgehen spiegelt die Realität in Großschadenslagen wieder, wenn Kräfte aus unterschiedlichen Regionen kurzfristig gemeinsam eingesetzt werden.
Die Aufgabenpalette während der Übung war breit gefächert: Arbeiten im und am Wasser, Beleuchtung und Elektroversorgung, Atemschutz- und CBRN-Lagen, Abstützen und Aussteifen, technische Rettung sowie verschiedene Aspekte des Zivilschutzes. Auch Sabotageakte wurden simuliert; ein Pyrotechnik-Team der Fachgruppe Sprengen sorgte mit Rauch, Feuer und Explosionen für zusätzliche Realität im Übungsgeschehen. Die Fachgruppe Ölschaden übte die Separation von kontaminiertem Wasser, die Bundespolizei betrieb eine Kontrollstelle und der Notfallverbund der Kölner Archive und Bibliotheken demonstrierte das Sichern havarierter Bücher und Dokumente. Das Jugendrotkreuz und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) unterstützten die Übung als Notfalldarstellende. Das THW-Einsatznachsorgeteam war für die Einsatzkräfte in belastenden Situationen vor Ort.
Der Ortsverband Paderborn war an beiden Wochenenden mit einer Bergungsgruppe und einer Fachgruppe N vertreten.
An den Übungswochenenden der Technischen Züge sind jeweils etwa 1.400 Einsatzkräfte beteiligt, die feldmäßig untergebracht werden. Zur deren Koordinierung unterstützten außerdem die Fachzüge Führung und Kommunikation (FK) und Logistik die Übungsleitung. Während die Logistik Materialwirtschaft (Log MW) für Nachschub und Reparaturen von Einsatzgerät sorgte, stellte die Logistik Verpflegung (Log V) mit gut 30 Köchinnen und Köchen aus vier Ortsverbänden die Versorgung sicher – über die gesamte Übung werden so über 4.500 Mittagsmahlzeiten frisch zubereitet und ausgegeben.
Die FÜLEX25 bot damit eine einmalige Gelegenheit, Ausbildung und Zusammenarbeit unter realistischen Bedingungen auf ein neues Niveau zu heben.
Text und Bildmaterial: THW